2020

Nochmals, Charley!

Autor: Hannes Leo Meier Bühnenbild: Niklaus Reinhard Regie: Hannes Leo Meier

Ein Theater feiert Jubiläum. Zu diesem Anlass wird aus dem Spielplan vergangener Jahre ein Stück noch einmal umgesetzt. Die Wahl fällt auf «Charley’s Tante». Dass mit diesem Entscheid aber eine aberwitzige Geschichte losgeht und zum Schluss kaum mehr etwas ist, wie es ursprünglich gedacht war, dies wird die Zuschauer freuen. Über die klassischen Etappen der Leseprobe, Hauptprobe, dreizehnte Vorstellung und Dernière erlebt das Publikum, wie das Grüppchen von Theaterbegeisterten mit dem Stück ringt. Denn was vor gut vierzig Jahren noch leichtfüssig und ohne Irritation sich spielen liess, fordert heute heftige Kontroversen heraus. Diskussionen über Frauenbilder, Genderfragen und Besetzungsdivergenzen bringen den Proben- und Aufführungsprozess ebenso ins Schlingern wie die geheimen Kräfte von Anziehung und Liebe. Hautnah erlebt das Publikum, wie das Projekt bös in Schieflage und mehrmals gar hart an den Abgrund gerät. Am Schluss weiss niemand mehr, wer nun wer und ob das Spiel wirklich noch Spiel sei. Und die Vorstellung über die starr duale Idee der Geschlechter weicht sich auf in eine Richtung unzähliger Möglichkeiten, wie es sich nun verhalte mit Mann und Frau, und Frau in Mann, und Mann in Frau, und Frau in Mann in Frau im Mann… Zum Brüllen komisch!

 

Gedanken der Regisseurin (optional)

Es war schon seit einiger Zeit ein Wunschtraum von mir, einmal "Die Dreigroschenoper" inszenieren zu können. Nun ist aber dieses Stück selbst für ein Stadttheater ein gewagtes Unterfangen - erst recht natürlich für eine Laienbühne. Umso mehr freut es mich, dass die Stanser den Mut aufgebracht haben, sich an dieses anspruchsvolle Stück heranzuwagen. Die Probenarbeit hat uns allen Spass gemacht, trotz vieler Befürchtungen, die immer wieder auftauchten. Ich danke allen Mitwirkenden für den enormen Einsatz und das Vertrauen, das sie mir schenkten - einer Regisseurin, die in Stans das erste Mal inszeniert.
"Die Dreigroschenoper" ist durch die aktuelle Verarmung vieler Menschen wieder sehr aktuell geworden. Ich selber bin immer wieder schockiert, wenn ich im reichen Zürich vermehrt Bettler antreffe, ein Bild, das für mich bis anhin in die Dritte Welt oder zumindest in ärmere Länder Südeuropas gehörte. Es sind auch bei uns nicht mehr bloss Randexistenzen, die - bedingt durch Krankheit, Sucht oder Alter - unter dem Existenzminimum leben.
Das Thema des Stücks ist eine Gesellschaftsordnung, die als korrupte Ordnung hinter einer Fassade von Wohlanständigkeit, Moral, Geschäft und Glanz versteckt ist. Das Stück zeigt eine Welt, in der der normale Bürger Räuber ist, der Räuber aber auch normaler Bürger. Dabei tritt die "schützende" Polizei als Hüter der bestehenden Raub- und Hackordnung auf.
Der Mensch als Verkaufsobjekt, das ist der bittere Gehalt der "Dreigroschenoper". Mac ist Unternehmer, der auf Kosten seiner Angestellten (Räuber) lebt. Jenny, von Mac als Hure verkauft, "verkauft" diesen im Gegenzug an Peachum. Die Huren sind der Inbegriff des verkauften Menschen. Doch auch die Bettler tragen ihre Haut zu Markte, nicht mit ihren Reizen wie die Huren, sondern mit ihren abstossenden, verstümmelten Körpern. Aber selbst das Betteln wird zur Lohnarbeit. Bei Peachum hat der Bettler geregelte Arbeitszeit und die nötige Ausstattung, die Arbeitsmittel. Peachum ist als Unternehmer Zuhälter, wie Mac als Zuhälter Unternehmer ist.
"Die Dreigroschenoper" versucht, das menschliche Antlitz der Bettler und Huren aufzuzeigen und dem "braven Bürger" die Maske der Wohlanständigkeit zu entreissen. Die Lieder erzählen uns mit bissigem Humor vom Elend dieser Menschen, von ihren Hoffnungen und Träumen. Peachum sagt: "Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben, doch die Verhältnisse, die sind nicht so". Wo viel Leid ist, Klagen nichts hilft, da können Humor und schöne Träume vieles erträglicher machen.
Bettina Schmid

Gedanken des musikalischen Leiters (optional)

Kurt Weill gehört zu den wenigen Komponisten neuerer Zeit, die einige grosse Werke geschrieben hat, die auch von Laien gesungen werden können. Und doch - seine Musik hat so ihre Tücken. Man meint, die Melodien einfach nachsingen zu können, aber es gibt Stellen, wo man sich irrt. H. H. Stuckenschmidt schreibt im Vorwort zur Partitur: "Die Harmonien sind zwar von gewohnter Art, aber sie stehen gleichsam schief im Bild. Sie sind aus einer anderen musikalischen Situation herausgeschnitten und nach Collage-Art eingesetzt. Das Verfahren ist, in vereinfachter Art, der surrealistischen Malerei entliehen."
So mancher verzweifelter Schrei und die wiederkehrende Frage "Wo ist mein Ton?" begleitete auch unsere Solistenproben. Dass schlussendlich alles klappt und die Songs so daherkommen, als seien sie eben leicht hinzuschmeissen, ist dem wie immer enormen Einsatz der Stanser Theaterleute zu verdanken.
Eine besondere Freude ist mir das kleine Orchester aus jungen, vielseitig bewährten Kräften, welches für den ironisch parodistischen Ton sorgt, den Weills Musik so herrlich auszeichnet und zum kongenialen Part in Brechts Stück werden lässt. H. H. Stuckenschmidt: "Die Musik ist volkstümlich, neu und stilistisch geschlossen." Nur scheinbar wird die Tradition der Oper belehnt. "Auch wo Fugen erklingen, denkt man noch an Jahrmarkt, Heilsarmee und Leierkasten. Stücke wie die Moritat von Mackie Messer, die Tangoballade, die Seeräuberjenny, der Kanonensong sind klassische Beispiele einer neuen sozialen Kunst. Der Reiz dieser jazzgetränkten Musik besteht darin, dass sie zwischen zwei Stühlen sitzt."
Wenn Sie, liebe Theaterbesucherin, lieber Theaterbesucher, auf Ihrem Stuhl sitzen - wenn es auch nicht der bequemste ist - geniessen sie hoffentlich die Doppelbödigkeit der Weillschen Musik. Hören sie aber auch, was Brechts Figuren am Rand der wohlanständigen Gesellschaft zu sagen haben und "Bedenkt das Dunkel und die grosse Kälte in diesem Tale, das von Jammer schallt."
Dominik Wyss

Spieler

Ajves Marker, Magnus Keller | Yves Bielmann
Wolfram Stacič, Regisseur | Arne Domrös
Mark Villiger, Charley Wallimann | Markus Lindegger
Tamara Kaiser, Requisiteurin | Louise Roche
Ernst Kaiser, Babbs von 1976 | Guido Carlin
Gery Freudig, Babbs; Balthasar Basler | Guido Widmer
Charmelle Bois, Kathy Schnidiger | Chantal Herger
Lydia Fallegger, Anne Speck | Linda Scodeller
Othilia Manhard, Charley’s Tante | Pia Schmid
Therese Freudig, Anny (Anne) von 1976 | Pia Murer
Roeland Bragger, Arthur Speck | Roland Graf
Georges Trauber, Präsident Theaterverein | Rolf Steffen
Laurenz Tanner, Jack/Jakob Keller | Laurin Moor

Team

Regie Hannes Leo Meier
Musikalischer Leiter Jonas Bättig
Bühnenbild Niklaus Reinhard
Kostüme Björn B. Bugiel
Maske Madleina von Reding
Frisuren Carmen Käslin
Lichtdesign Martin Brun
Choreografie Mariana Coviello
Produktionsleitung Raphaela Leuthold Othmar Kayser
Regieassistenz Sonja Rapold
Inspizienz Christoph Herber Franziska Stutz
Requisiten Verena Murer-Waser Lea Berni Isabelle Hochreutener Jolanda Syfrig Edith Wild Nadia Würsch Ines Ziswiler
Souffleusen Elisabeth Moser Rita Bosshard Ursula von Matt
Fotografie Benjamin Hochreutener Emanuel Wallimann
Werbung / Sponsoring Emanuel Wallimann
Webmaster Martin Borner
Finanzen Nina Barmettler
Stüko Jana Avanzini
Daniela Bättig Hildenbrand Isabelle Hochreutener Thomas Ittmann Ruth Rapold Zimmerli Roli Simitz
Vorverkauf Andrea Herber Judith Bucher Ursula Herger Helen Ittmann
Susanna Lüscher
Abendkasse Andrea Herber Judith Bucher Simona Gabriel Ursula Herger
Benjamin Hochreutener Nina Barmettler Susanna Lüscher

Theaterbeiz Kasi Sollberger Margreta Krummenacher Jana Axthelm Christa Stutzer Gasser Habibi Aminullah Markus Barmettler Rita Bättig Karin Costanzo Sepp Eberli Astrid Elsener Alessandro Filippi Brigitt Flüeler Daniela Flury Ursula Fürsinger Simona Gabriel Claudia Geiser Thomas Hochreutener Bea Kaiser Marianne Käslin Carmela Kayser Jascha Kayser Markus Leuthold Pino Masullo Marianne Muheim Claudia Pickis Martin Rhyn Leona Riedle Diana Rohrer Regula Schuler Eberli Leila Steffen Irène Stöckli Franziska Stutzer Beppo Stutzer Birgit Thoma Diego Tschupper Manuel Unternährer Martin von Matt Michael Wanner Sandra Waser Bianca Waterbär Müller Ruedi Z‘Rotz Stefan Zimmerli Res Zwyssig
Panorama-Bar
David Bucher Debora Aeschlimann
Salomao de Oliveira Antonia Heimler Micha Heimler Othmar Kayser
Eliane Kayser Sämi Locher Martin Meyer Felix Schelbert Ruth Schilter Maurus von Holzen Karina Von Matt Thomas Walker
Bühnenmannschaft Roger von Büren Jakob Aeschlimann Hans Büchel Marcel Büchel Hannes Büelr Andreas Businger Clemens Christen Kilian Christen Marcel Filliger Doris Filliger Monica Gerber Beat Gut Roby Jann Ueli Kaiser Dave Leuthold Judith Meier Bernhard Niederberger Markus Provini Andreas Rohrer Adrian Rohrer Armin Theiler Peter Zelger Tide Zihlmann
Beleuchtung Jonas Riedle Amelie Buser Adrian Gander Pit Odermatt
Tontechnik Alexander Karl

Masken-Atelier Mirjam Müller Beatrice Avanzini Daniela Bättig Hildenbrand Carmen Durrer Sonia Grossi Sandra Huber
Carmen Käslin Evelyn Kaufmann Daniela Leuthold Ingrid Moos
Romy von Holzen
Platzanweiser Regula Wyss Martin Meyer Miriam von Gunten Elisabeth Balbi Freddy Businger Evelyne Gysi Helmut Huwiler Guido Dillier Klara Niederberger Ruth Schilter Karin Schleifer
Kostümatelier
Irène Stöckli Regula Fuchs Anita Provini Regula Schuler Eberli Bernadett Zihlmann

Garderobe Barbara Zopp-Stutzer Bernadette Amstutz Cellmira Büchel
Monika Bucher Amanda Christen Lisbeth Grendelmeier
Martina Helfenstein Regula Helfenstein-Stutzer Marianne Müller-Zelger
Hildegard Pfyffer Heidi Stöckli Franziska Stutzer Lilly Zelger
Matthias Zopp Rochus Zopp

Spielerbeiz Esther Baumgartner Lisa Inglin Jozef Lauwers Daniela Odermatt Reto Geiser Erich Herger Dölf Herzog Simon Ittmann
Hansjörg Käslin Edwin Kuster Poldi Leuthold Guido Mathieu Karin Omlin Ruth Rapold Werni Rossi Sandy Schuler Ruth Sicher Marina von Büren

In der Presse:

Luzerner Zeitung, 21.01.2020
041 Das Kulturmagazin, 18.01.2021
STANS!, 10.01.2021