1991

Bosco schweigt

Regie: Daniel Reinhard Autor: Franz Hohler Bühnenbild: Paul Lussi

ZUM INHALT
In Lugubrien herrscht ein selbstherrlicher, unmässiger Despot, seine Majestät Primo Secondo von Lugubrien. Sein Volk hält er unwissend und abergläubisch, lebt selbst aber in Saus und Braus.
Eines Tages taucht ein Gaukler mit einem Zauberspiel auf und lässt die Menschen ihre geheimen und verdrängten Wünsche darin erkennen. Der ganze Hof gerät in Aufregung und Verwirrung. Es geht darunter und darüber, das herrschende Chaos wird sichtbar und sinnfällig. In der allgemeinen Verwirrung lässt der König beinahe seinen Hofnarren Bosco, weit und breit der beste Narr, enthaupten. Aus Protest beschliesst der Narr nun zu schweigen und seine Hofnarren-Rolle nicht mehr zu spielen.
Der König sperrt ihn daraufhin ein. Die Stelle als Hofnarr wird in nahen und fernen Ländern ausgeschrieben, doch niemand meldet sich. Der König, konfrontiert mit der Fantasie- und Kulturlosigkeit seines Volkes, leidet am meisten darunter, dass der Spassmacher und Geschichtenerzähler schweigt. In seiner Verzweiflung schreibt er einen Wettbewerb aus, um die beste Geschichte zu prämieren, doch wieder ohne Erfolg.
Durch das Schweigen des Narren verschärfen sich die Widersprüche am Hof immer mehr und es kommt zu Mord und Totschlag.
Ein Stück über Phantasie und Macht bzw. über die Macht der Phantasie.

GROTESKE

Franz Hohler erzählt diese Geschichte mit dem Mittel der Groteske. Groteske: Närrische, derbkomische Erzählform, die scheinbar Unvereinbares (z.B. Komisches und Grauenerregendes) verbindet.

DER AUTOR ZUM STÜCK

"Bosco schweigt" ist etwas über zwanzig Jahre alt. Als ich es geschrieben habe, gab es noch keine Videoshops, kein Kabelfernsehen mit freier Wahl von 20 Programmen über Satelliten und Himmelskanäle, auch kein drittes Radioprogramm und keine 24stündigen Lokalradios, keinen Teletext und kein Fernsehgerät, auf dem man mehrere Programme gleichzeitig verfolgen kann.
Das Wort "Unterhaltungselektronik" gab es noch nicht. Aber das Bedürfnis nach Unterhaltung gab es, und es hat mich immer interessiert, was hinter dem Bedürfnis steckt, wann es ein Zeichen von Lebendigkeit ist und wann ein Zeichen von Leere, wann es ein Vergnügen ist und wann eine Sucht, wann ein Zeichen von Freiheit und wann ein Zeichen von Abhängigkeit, wann ein Grundnahrungsmittel und wann eine Droge.
Und davon handelt, glaube ich, dieses Stück. Oder was glauben Sie?
Franz Hohler