1981

Der Biberpelz

Autor: Gerhart Hauptmann Regie: Lotte Hofmann Bühnenbild: Fredi Businger

Die Waschfrau «Mutter Wolffen», die das Herz auf dem rechten Fleck hat, kämpft mit viel Mutterwitz, List und zäher Energie um die Existenz ihrer Familie. Sie ist die Schlüsselfigur wenn gewildert wird, wenn Holz abhanden kommt und ein teurer Biberpelz unbemerkt den Besitzer wechselt. Diese Vorkommnisse aufklären sollte der von seiner Bedeutung erfüllte Dorfvogt von Wehrhahn; doch der macht lieber, unterstützt von Denunzianten, Jagd auf ihm politisch dunkel erscheinende Elemente. In seiner Sturheit und Verbissenheit vertraut er just jenen, die er eigentlich überführen sollte.

Gedanken zum Stück und seiner lnszenierung
Über die Wahl des Stückes und seiner Besetzung, die von der Stanser Theaterleitung getroffen wurde, bin ich als Regisseur sehr glücklich. Der «Biberpelz» ist ein Volksstück, das zum ewigen Spielplan gehört, zum Repertoir des internationalen Theaters. Zwar hat Gerhart Hauptmann diese Diebs- und Richterkomödie vor rund 100 Jahren im Raume Berlins angesiedelt, doch ist mit diesem Stück die Umsiedlung in die Schweiz in unserer Dialektfassung recht gut bekommen. Ein Stück, das von so tiefer Bedeutung und bezwingender Echtheit ist, ein Stück, in dem die Figuren mit so sicherem kräftigen Strich gezeichnet sind, saftig und lebendig, ein solches Stück kann nach meiner Regieauffassung nur werkgetreu inszeniert werden.
Das Werk ist kein Handlungsdrama, sondern es lebt aus den Dialogen. Das bedeutet praktisch, viel Text muss umgesetzt werden. Um meinen Spielern, die ich alle erst durch unsere gemeinsame Arbeit kennen und schätzen gelernt habe, die Bewältigung dieser anspruchsvollen schweren Arbeit zu erleichtern, ging ich in die erste Leseprobe mit einem klaren Konzept. Ich sah meine Verpflichtung darin, allen an dem Stück Beteiligten, von Anfang an Vertrauen und Sicherheit zu geben, um von einer sicheren Basis aus, die Entfaltung eigenen Könnens zu ermöglichen, zu Ihrer und unserer Freude. Es kommt Gerhart Hauptmann in diesem Stück nicht auf die Gerechtigkeit und Sühne an, sondern auf ein vertieftes Abbild des realistisch wiedergegebenen Lebens. Da ist der Angelpunkt, ein lebenssicheres Weib mit pfiffigem Humor die sich zuinnerst ein wenig lustig macht über die Umwelt und die Torheit der Menschen. Diese tüchtige, ein wenig derbe Frau handelt nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Ihre Taten scheinen entschuldbar als Vorrecht der gesellschaftlich Benachteiligten, im Sinne eines familiären Idealismus. Dass diese Urmutter aus dem Herrn v. Wehrhahn, einem bornierten arroganten Streber, aus einer Art Amtsgott, einem Hüter des Rechts einen Schützer des Unrechts macht, geschieht unbewusst. Das Stück ist eigentlich ohne ein Ende. Am Schluss steht ein Fragezeichen, ein Fragezeichen für die Verunsicherung unseres eigenen moralischen Lebens und vielleicht auch noch die Aufforderung: Macht es besser!
Lotte Hofmann