1967

Der schwarze Hecht

Autor: Paul Burkhard Regie: Heinz Roland Bühnenbild: Werner Salzmann, Paul Stöckli

«Mir schwebt so etwas wie eine schweizerdeutsche Opera buffa vor», schrieb Paul Burkhard, als er den Dialekt-Einakter von Emil Sautter gefunden hatte. Jürg Amstein verfasste das Libretto zum «Schwarzen Hecht» das mit seinem Ponny-Lied und «0 mein Papa war eine wunderbare Clown» um die ganze Welt zu einem Erfolg wurde. Die Auseinandersetzung von Bürgertum und Zirkusatmosphäre verflicht sich zu einem kunterbunten Strauss von überraschenden Komplikationen.

Im ersten Akt, in der Wohndiele des Fabrikanten wird der 60. Geburtstag des Vaters Oberholzer vorbereitet. Die Tochter Anna hat zum Geburtstag ein Lied gedichtet und komponiert. Die Köchin, Anna und die Mutter üben und werden immer wieder unterbrochen. In diese Probe hinein wird der Hecht, die kulinarische Geburtstagsüberraschung gebracht. Dann erscheinen die «lieben Verwandten». Sofort beginnt Klatsch und Kritik. Kaum hat man sich zu Tisch gesetzt erscheint zum Schreck der ganzen Gesellschaft das schwarze Schaf der Familie, der Zirkusdirektor Obolski mit seiner Frau Iduna. Er war aIs junger Mann in die Fremde gezogen, liess nichts mehr von sich hören, kommt nun als gemachter Mann in seine Familie zurück. Da öffnet sich die Kluft zwischen dem wohlgeordneten Bürgertum und der prickelnden Zirkuswelt. Alle Onkeln und Tanten sind schockiert. Nur die schwärmerische Tochter Anna begeistert sich am eleganten Weltmann mit seiner gewandten Frau und möchte fürs Leben gern zum Zirkus.

Der zweite Akt schildert den Traum der Anna, der sie die bunte Zirkuswelt erleben lässt. Sie selbst fühlt sich mittendrin als gefeierte Trapezkünstlerin und trifft ihren heimlich geliebten Gärtnerburschen als grossen Artisten und die ganze Verwandtschaft als Clowne oder wilde Tiere. So sieht Anna im Herzen die Verwandten, weil sie ihr den Weg zum Zirkus verwehren wollen. Mit dem Einfall des Traumes schaffte sich Burkhard Möglichkeiten zu komischen Situationen, die überall im Publikum wahre Stürme an Heiterkeit erregen. Für Anna aber bleibt alles unfassbar. Der Zwiespalt der bürgerlichen Erziehung und die Sehnsucht der glitzernden Zirkuswelt kämpfen im Herzen des jungen Mädchens. Wohin sie sich auch wendet und was sie anfassen will, alles zieht sich im letzten Moment vor ihr zurück.

Im dritten Akt finden sich alle wieder in der Wohndiele des Fabrikanten. Der Charme Idunas hat etwas Leben in die biedere Gesellschaft gebracht, Nachdem sich die Tanten zurückgezogen haben bemühen sich die Onkeln besonders um die Zirkuskünstlerin. Im Grunde ist es Iduna jedoch gar nicht so leicht ums Herz. Heimlich träumt sie oft vom Frieden stiller Häuslichkeit, abseits vom beunruhigenden Trubel des Zirkus-Wanderlebens. Das alles erzählt sie Anna, die damit die Kehrseite des ihr vorschwebenden glücklichen Artistendaseins kennenlernt.
Wie sich die Gesellschaft jetzt endlich zu Tisch begeben will, machen die Frauen geschlossene Front gegen die Eindringlinge. Und sofort werden die Männer wieder zu Pantoffelhelden, bis auf den sonst ewig kränkelnden Onkel Gustav, der jetzt einmal «nicht mehr vernünftig sii wott». Obolski und seine Frau aber ziehen sich vor der geschlossenen Front gegen sie zurück. Durch die ganze Zeit war in der Küche der Hecht auf dem Feuer. Nun wissen auch Sie, warum er «Schwarzer Hecht» heisst.