1948

Der Meineidbauer

Autor: Ludwig Anzengruber Regie: H.L. Ruopp Bühnenbild: Xaver Stöckli Söhne

”Der Meineidbauer”
Volksstück von Ludwig Anzengruber

Die Wahl eines Stückes ist für eine Theatergesellschaft, für ein schweizerisches Volkstheater, immer verantwortungsvoll in der heutigen Zeit. Gilt es doch, mehr denn je, herauszutreten aus dem üblichen Rahmen des reinen Unterhaltungs- und Amüsier-Theaters. Erhebung und innere Erbauung soll der Zweck unserer Theateraufführungen sein. Das ist der Sinn des Theaters. Darum wählten wir für diesen Winter Anzengrubers meisterliches Volksstück «Der Meineidbauer». Anzengruber einer der bedeutendsten Dichter des Volksstückes wurde 1839 zu Wien geboren. Die epochemachende Bedeutung von Anzengrubers Werken liegt darin, dass er wirklich volkstümliche und stets zeitgemässe, heute noch geltende Probleme in Lebensbildern von unverfälschter Wirklichkeitstreue packend darstellte. Seine Figuren aus dem Volke sind ihm durchwegs gelungen. Die glänzenden Vorzüge seiner Kunst verrät vor allem sein Meisterwerk «Der Meineidbauer», dessen Hauptfigur psychiologische Tiefen erschliesst, in die nur die grössten Dichter hinabschauen. In lebendiger Gestaltung weiss Anzengruber Licht und Schatten zu verteilen. Er geisselt die menschlichen Schwächen, Sünden und Laster, doch immer wird das Böse in gesunder Lebensbejahung vom Guten besiegt. Wir sind entsetzt von der abgrundtiefen Schlechtigkeit des Mathias Ferner, freuen uns aber ob des grundbraven Wesens der Vroni und des Sohnes Ferners Franz, der offenen Art der alten Grossmutter, des schlauen Höllerer, und all der volksverbundenen Gestalten des spannenden Spiels. Es ist lebendiges Theater was wir sehen, ja es ist wirkliches Leben mit schlechten und guten Beispielen. Gehen wir alle nicht achtlos am Inhalt des «Meineidbauers» vorbei und nehmen wir die Moral des Werkes mit in unseren eigenen Alltag zu unserem eigenen Wohl und zum Wohlgefallen unserer Mitmenschen.
L. Ruopp