1947

Der Verschwender

Autor: Ferdinand Raimund Regie: H.L. Ruopp Bühnenbild: Hermann Stöckli

Julius von Flottwell, ein reicher, junger Kavalier, der fürstliche Feste gibt, königliche Schlösser baut und kaiserliche Geschenke in einer Laune an seinen Kammerdiener verschleudert, steht seit seinem siebenten Lebensjahre unter dem Schutze der Fee Cheristane. Sie opfert ihre letzte Perle und damit den letzten Rest ihrer einstigen Macht, um mit Hilfe des Geistes Azur ihren Schützling vor dem traurigen Schicksal zu bewahren, in das er sich durch seine Verschwendungssucht verstrickt. Azur verfällt auf ein geistreiches Mittel: als Bettler und zugleich als fünfzigstes Lebensjahr Flottwells, der in diesem Lebensalter ein Bettler sein wird, wird er sich dem freigebigen Verschwender nahen, ihn um Gaben anflehen und, was ihm Flottwells Milde spendet, aufbewahren. Da er aber Flottwells fünfzigstes Lebensjahr ist, so fällt, was er sich spart, jenem zu, sobald er dieses Alter erreicht hat. Zu größerer Sicherheit lässt sich Cheristane von Flottwell, der die schöne Unbekannte liebt und als sein Weib heimzuführen begehrt, im Augenblick, da sie ihm ihren Feencharakter entdeckt und machtberaubt von der Erde scheidet, ein Lebensjahr schenken. Flottwell tröstet sich über den Verlust der holden Freundin durch neuen, unsinnigen Aufwand und durch die Hoffnung auf die Hand der schönen Präsidententochter Amalie. Aber der Präsident (er heißt nicht umsonst Klugheim) will dem Verschwender sein Kind nicht geben. Nach wilden Auftritten flieht Flottwell in stürmischer Gewitternacht mit Amalie nach London, von dem gespenstigen Bettler, der ihm, von allen andern ungesehen, mit seinen Forderungen wiederholt in den Weg getreten war, bis zum Schiff verfolgt. Aber in London erreicht den Glückverwöhnten das Unglück. Er verliert Gattin, Kind und Gut und kehrt nach zwanzig Jahren auf sein Schloss zurück, das längst in den Händen seines schurkischen Kammerdieners von damals ist, und wo ihn niemand mehr kennt und kennen will. Einer aber doch: das ist Valentin, ein kreuzehrlicher Bursche, der einst bei ihm als Diener angestellt war und am Tage von Flottwells Flucht mit seiner Braut, dem Kammermädchen Rosel, eines bösen Verdachtes wegen das Schloss verliess, Mit Freudentränen erkennt der brave Bursche, nun ein ehrsamer Tischlermeister, seinen ”gnädigen Herrn”. Er tröstet den von allen Verlassenen und tief Gebeugten mit unnachahmlicher Zartheit und lädt ihn in seine einfache Hütte zu Weib und Kind, wo der zum Bettler gewordene Edelmann als hochwillkommener Gast leben soll. Aber Valentin hat die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Die ”harbe” Rosel hatte es ihrem alten Herrn niemals vergessen, dass sie in seinem Hause ungerecht verdächtigt wurde, einen Schmuck gestohlen zu haben (den in Wahrheit der gespenstige Bettler beiseite gebracht hatte), noch weniger, dass er einst die Schönheit ihrer Gestalt anzweifelte, Unsanft weist sie dem einstigen Gebieter die Türe, Flottwell, der es nicht dulden mag, dass ”das Edle zum Hohngelächter des gemeinen Pöpels wird”, besteigt einen Berg, der die Ruine eines seiner alten Schlösser trägt, hier seinem Leben ein Ende zu machen. Da aber tritt ihm - es ist just sein fünfzigster Geburtstag - der Bettler entgegen und übergibt ihm einen hier verborgenen Haufen Goldes, den er einst von dem glänzenden Kavalier nach und nach erbettelt hatte, und den damals vermissten Schmuck. Nun ist für des reuigen Flottwell Alter gesorgt. Noch einmal erscheint ihm Cheristane, ihn auf der Liebe grenzenloses Reich verweisend, wo sich alle Geister nach Überwindung ihres kurzen Erdenlebens treffen dürfen. Auch Rosel, die Valentin in einer einzigartigen Szene von ihrem Unrecht überzeugt hat, erscheint mit Mann und Kindern, ihren gnädigen Herrn um Verzeihung zu bitten. Nicht als geduldeter Bettler, als Wohltäter des Hauses will nun Flottwell mit dem kleinen Rest seiner einstigen Reichtümer bei Valentins hausen, und Valentin vermisst sich, den Kummer, wenn er sich ins Haus wagen sollte, hinauszujagen.